Im Rahmen des Vierten Finanzmarktförderungsgesetzes trat zum 1. April 2003 eine Änderung des Gesetzes über das Kreditwesen (KWG) in Kraft. Der dabei neu eingeführte § 24c "Automatisierter Abruf von Kontoinformationen" verpflichtet die Kreditinstitute zur Bereitstellung von Kontostammdaten für Abfragen durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin), die hierüber den Auskunftsersuchen verschiedener Bedarfsträger (z.B. in- und ausländische Strafverfolgungsbehörden) nachkommt. Die Kreditinstitute wurden verpflichtet, die im Gesetz festgelegten Kontostammdaten:
in einem durch die BaFin definierten Format in einer Datenbank zum automatisierten Abruf vorzuhalten und bei Änderungen unverzüglich zu aktualisieren.
Mit Inkrafttreten von § 93 AO (Abgabenordnung) im Rahmen des "Gesetzes zur Förderung der Steuerehrlichkeit" am 1. April 2005 wurde der Kreis der zum Zugriff auf die gemäß § 24c KWG bereitgestellten Daten befugten Stellen auf die Finanzbehörden ausgedehnt. Für diese bündelt das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) die Anfragen und stellt sie als Abfragen in das System ein.
Technisch erfolgt die Weiterleitung der Abfragen von Bafin und BZSt seit dem 1. März 2008 über das Zentrum für Informationsverarbeitung und Informationstechnik (ZIVIT), welches als Dienstleister der Bundesverwaltung für die beiden Behörden das Kontenabrufverfahren betreibt.
Die im Jahre 2002 in Form einer Schnittstellenbeschreibung der BaFin konkretisierten Anforderungen des Gesetzes richten sich an die Kreditinstitute als Verpflichtete im Sinne des § 24c KWG. Im Zuge einer ersten Analyse der Spezifikation stellte sich jedoch schnell heraus, dass es für die Institute - sowohl aus wirtschaftlichen, als auch aus organisatorischen Gründen - wenig sinnvoll war, die recht komplexen Vorgaben der Behörden jeweils individuell umzusetzen.
Die Aufgabe der Umsetzung der Anforderungen - von der Konzeptionierung und Abstimmung mit den Behörden über die Realisierung bis hin zum produktiven Betrieb - übernahmen daher in den verschiedenen Verbandsbereichen der deutschen Kreditwirtschaft jeweils externe Dienstleister, die ihrerseits für mehrere Institute als Kopfstelle tätig wurden. Eine dieser zentralen Abrufstellen für Kontoinformationen - auch Kontenevidenzzentralen genannt - wurde die BV Zahlungssysteme GmbH.
Im täglichen Betrieb liefern die angeschlossenen Banken Ihre Kontostammdaten bzw. deren tägliche Änderungen über verschiedene technische Lieferwege an die Kontenevidenzzentrale. Als Alternative oder auch als Ergänzung zur Standard-Anbindung über eine automatisierte Dateischnittstelle existiert zur Datenanlieferung das in diesem Benutzerhandbuch beschriebene Web-Interface.
Die angelieferten Kontostammdaten werden den Behörden in einer Datenbank zum Abruf bereitgestellt. Dabei wird bei einer Änderung der Daten zu einem Konto jeweils der neue Datensatz als neue "Historie" hinzugefügt. Die Abgrenzung zu den bereits gespeicherten Datensätzen zum selben Konto erfolgt über einen Gültigkeitsbeginn, der angibt, ab welchem Zeitpunkt die neue Information gültig sein soll und der gleichzeitig das Ende der Gültigkeit des vorangegangenen Datensatzes darstellt.
Auf der anderen Seite stellen BaFin und BZSt über das ZIVIT die Anfragen der verschiedenen Bedarfsträger als Abfragen in das System ein. Durch Vergleich mit den gespeicherten Daten ermittelt die Kontenevidenzzentrale zu jeder Abfrage institutsweise die passenden Kontohistorien und meldet diese an das ZIVIT zurück.
Das Web-Interface wurde ursprünglich entwickelt, um denjenigen Banken, die nur sehr wenige meldepflichtigen Konten haben, den Aufwand der Anbindung an eine automatisierte Dateischnittstelle zu ersparen.
Zur Nutzung des Web-Interface ist lediglich ein Internet-PC mit einem aktuellen Standard-Browser erforderlich. Nach dem Login über Benutzername und Passwort stehen dem Nutzer - abhängig von mandantenspezifischen Einstellungen und von seiner Rolle - eine Reihe von Funktionalitäten zur Verfügung:
Für die Nutzung der erweiterten Funktionen ist eine vorherige Freischaltung erforderlich. Da der Abruf von Kontenlisten und Kontohistorien nur bis zu einer jährlichen Obergrenze kostenfrei ist, ist für die Freischaltung auch eine entsprechende vertragliche Vereinbarung Voraussetzung.
Abhängig von den Vorgaben des jeweiligen Mandanten kann das Web-Interface im 2- oder im 4-Augen-Prinzip betrieben werden. Beim 4-Augen-Prinzip müssen die erfassten Daten sowie die Abrufe von Kontenlisten und- historien durch einen zweiten Nutzer mit entsprechender Rolle (siehe Kapitel Rollenkonzept) freigegeben werden, bevor eine Verarbeitung erfolgen kann.
Grundsätzlich erfolgt die Erfassung über das Web-Interface nicht direkt in die den Behörden zugängliche Datenbank. Alle Daten werden zunächst in einer "Zwischendatenbank" gespeichert. Aus dieser werden alle im Laufe eines Tages erfassten bzw. (beim 4-Augen-Prinzip) freigegebenen Daten nachts im Batchbetrieb extrahiert und in Dateiform - analog zu den per Dateischnittstelle übermittelten Daten - ins Eingangsverzeichnis der Kontenevidenzzentrale eingestellt. Alle erfassten Änderungen sind somit erst am nächsten Tag für die Behörden zum Abruf verfügbar.